2018 berichtete ich bereits über den von Finanztest verursachten Laborunfall beim Versuch Schüler BU zu testen. 2021 beweist Stiftung Warentest erneut Selbstsicherheit bei maximaler Ahnungslosigkeit.
Wenn man eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler abschließen möchte, muss man ein Höchstmaß an zukünftigen Eventualitäten angemessen berücksichtigen. Schüler BU ist daher die Königsdisziplin in der BU-Vermittlung.
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Inhalte dieses Artikels
- Stiftung Warentest Schüler BU – Handwerkliche Fehler vorab
- Testkriterien Stiftung Warentest und tatsächliche Auswahlkriterien Schüler BU
- Testsieger Stiftung Warentest Schüler BU 2021
- Über den Testsieger Schüler BU Stiftung Warentest 2021 – Basler Versicherung
- Die tatsächlich beste Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler
Stiftung Warentest Schüler BU – Handwerkliche Fehler vorab
Bevor wir in diesem Artikel zum ausführlichen fachlichen Teil kommen: Stiftung Warentest macht einen generellen, sehr schwerwiegenden handwerklichen Fehler. „Die Schüler BU“ im Sinne eines einheitlichen Konstrukts für jede Schülerkonstellation gibt es so schlichtweg nicht.
Das Thema Schüler BU muss zunächst in zwei grundsätzliche Konstellationen unterteilt werden:
- Schüler BU für junge Schüler ab bspw. 10 Jahren
- Schüler BU für ältere Schüler bspw. kurz vor Schulende ggf. mit klarem Berufsziel
Bei der Beurteilung der Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung führen diese zwei Konstellationen zu durchaus völlig unterschiedlichen Ergebnissen.
Beispiel 1:
Wenn ich einen Gymnasiasten kurz vor Schulabschluss versichere, spielt die Berufsdefinition des Schülers so gut wie keine Rolle mehr. Versichere ich hingegen einen 10jährigen Schüler, ist das durchaus ganz wesentlich.
Was es mit der Berufsdefinition des Schülers auf sich hat, kann im entsprechenden Artikel nachgeschlagen werden.
Beispiel 2:
Wenn ich einen Schüler kurz vor Schulabschluss (geht idR bis Ende „Sommerferien) absichere, ist es ganz entscheidend, ob der spätere Beruf zu einer besseren oder schlechteren Berufsgruppeneinstufung führen würde.
Mehr dazu findet sich beispielsweise im Thema Berufsgruppenbesserstufungsoptionen und Berufsgruppenwechselrecht.
Finanztest nimmt im Test jedoch einfach einen Schüler mit 15 Jahren (gymnasiale Oberstufe) an und wählt die Tarife aus den vorhandenen Testergebnissen für drei erwachsene Modellkunden. Ein völlig absurdes Vorgehen. Da kann nichts Sinnvolles bei rauskommen.
Selbst wenn die getestete Berufsunfähigkeitsversicherung für einen erwachsenen Modellkunden sinnvoll wäre, sagt das absolut nichts über die Eignung als Schüler BU aus. Nur so lässt sich erklären, warum bspw. gerade das für jüngere Schüler attraktive Angebot der Golden BU der LV1871 im Testergebnis überhaupt nicht auftaucht.
Testkriterien Stiftung Warentest und tatsächliche Auswahlkriterien Schüler BU
Kommen wir nun zum fachlichen Teil. Im Artikel benennt Stiftung Warentest vier aus Sicht der „Tester“ besonders wichtige Kriterien:
- Nachversicherungsgarantie
- Berufsgruppenwechselrecht
- Verlängerung der Regelaltersgrenze
- Stundungsoptionen
Diese vier Kriterien sind durchaus ein Teil der tatsächlich relevanten Auswahlkriterien für eine Schüler BU. Allerdings hat Stiftung Warentest bei den Testsiegern entweder niemals die Versicherungsbedingungen gelesen, oder gar nicht getestet oder eben überhaupt nicht verstanden. Wie anders lässt sich erklären, dass alle genannten Testsieger bei mehr als einem der genannten Eckpunkte krachend durchfallen?
Wir schauen uns das später beispielhaft am Finanztest Testsieger Schüler BU – der Basler Versicherung – genauer an.
Bevor wir das tun, sollten wir uns jedoch einmal grundsätzlich mit den Auswahlkriterien einer Schüler BU auseinandersetzen. Da ist deutlich mehr zu berücksichtigen, als nur diese vier zuvor genannten Aspekte.
Die tatsächliche Auswahl einer guten Schüler BU erfolgt in sechs grundlegenden Kategorien.
- Technische Einschränkungen (max. BU-Rente, Beitragsdynamik, Leistungsdynamik etc.)
- Berufsdefinitionen Schüler, Azubi, Student
- Änderungen der Leistungsvoraussetzungen (AU-Klausel, DU-Klausel, Umorganisation etc.)
- Berufsgruppenwechselrechte / Besserstufungsoptionen
- Nachversicherungsoptionen und Nachversicherungsgarantien
- Technische Flexibilität und Anpassbarkeit (bspw. Verlängerung Regelaltersgrenze, Stundung etc.)
Die Eignung einer Schüler BU ist vom konkreten Einzelfall abhängig. Eventuell sind spezielle Aspekte wie die Umorganisationsklausel (immer essentiell), AU-Klausel (individuell ggf. relevant), DU-Klausel (individuell ggf. relevant) und der dauerhafte Prüfkriterienerhalt bei Ausstieg / Ausscheiden aus dem Berufsleben (samt Wechselwirkungen im Kontext Kindererziehung) zu berücksichtigen.
Meine detaillierten Auswahlkriterien für die Schüler-BU sind als Exceldatei zum Download verfügbar.
Testsieger Stiftung Warentest Schüler BU 2021
Nachfolgend finden sich die Testsieger Schüler BU 2021. Mit Klick auf den Link bei „Tarif“ finden sich von mir an den wichtigen Stellen markierte Versicherungsbedingungen.
Die VKB Regionalmarken Öffentliche Berlin Brandenburg und Saarland Versicherungen nutzen die Versicherungsbedingungen der Versicherungskammer Bayern. Der Versicherer im Raum der Kirchen (VRK) ist eine 100prozentige Tochter der HUK und nutzt deren Versicherungsbedingungen. Entsprechend sind diese Bedingungen nicht mehrfach hinterlegt.
Gesellschaft | Testnote | Tarif | meine Wertung |
---|---|---|---|
Basler | sehr gut (0,8) | BAL 8408 (01.21) | ungeeignet |
Alte Leipziger | sehr gut (0,9) | BV10 (1.21) | ungeeignet |
Generali | sehr gut (0,9) | SBU 4.21 | ungeeignet |
Provinzial Rheinland | sehr gut (0,9) | TopSBV 04.2021 | ungeeignet |
Allianz | sehr gut (1,0) | SBU 12.2020 | bedingt geeignet |
Barmenia | sehr gut (1,0) | SoloBU (01.21) | ungeeignet |
HDI | sehr gut (1,1) | BV19 EGO Top (01.21) | stark eingeschränkt |
HUK Coburg und VRK | sehr gut (1,1) | Premium 2017.01 V6 12.20 | ungeeignet |
Öffentl. Berlin Brandenburg |
sehr gut (1,1) | 157196 (12.2020) | ungeeignet |
Saarland | sehr gut (1,1) | 157196 (12.2020) | ungeeignet |
Versicherungskammer Bayern |
sehr gut (1,1) | 157196 (12.2020) | ungeeignet |
VPV | sehr gut (1,1) | SBU 01.2021 | ungeeignet |
Von den „Testsiegern“ ist aus meiner Sicht lediglich die Allianz bedingt als Schüler BU geeignet. Zumindest wenn man kurz vor Schulabschluss steht und schon klar ist, dass es nachfolgend in eine (nachteilige) Ausbildung gehen soll.
HDI ist nur dann vertretbar, wenn bereits klar ist, dass eine hinsichtlich der Berufsgruppe gleichwertige Tätigkeit ausgeübt werden wird.
Ich verzichte an dieser Stelle darauf, auf jeden dieser „angeblichen“ Testsieger detailliert einzugehen. Warum auch? Schließlich hat Stiftung Warentest die Bedingungen ja offensichtlich selbst nie gelesen und selbst wenn, dann zumindest nicht verstanden.
Stattdessen erläutere ich das Thema nachfolgend detaillierter anhand der Basler Versicherung, welche die beste Testnote 0,8 im Vergleich erzielte.
Mit Klick auf die gemarkerten Versicherungsbedingungen kann sich der geneigte Leser aber gern anhand der zur Verfügung gestellten Kriterienliste selbst ein Bild von der Katastrophe machen.
Über den Testsieger Schüler BU Stiftung Warentest 2021 – Basler Versicherung
Die Versicherungsbedingungen der Basler SBU BAL 8408 (01.21) erhalten bei Stiftung Warentest die Testnote 0,8 und sind somit der am besten bewertete Tarif unter den „12 Testsiegern“.
Die Versicherungsbedingungen sind allerdings veraltet, bereits zum Testzeitpunkt waren die gegenüber dem Vorgänger verbesserten Basler SBU BAL 8408 04.21 gültig.
Ich beziehe mich daher nachfolgend auf jene Tarifversion aus 04.21, sprich die zum Zeitpunkt meines Artikels gültigen Versicherungsbedingungen. Über die Links können die von mir markierten Versicherungsbedingungen aufgerufen werden.
Zusätzlich stelle ich eine Excelübersicht zu den Auswahlkriterien einer Schüler BU bei der Basler zum Download zur Verfügung.
Grundsätzlich hat die BU der Basler keine pauschal schlechten Versicherungsbedingungen. Schon gar nicht die Schlechtesten der 12 Testsieger. Für eine Schüler BU in jedweder denkbarer Konstellation ist dieser Tarif aus meiner Sicht jedoch eher ungeeignet.
Schauen wir uns das zunächst anhand der aus Sicht Stiftung Warentest „wichtigen“ Kriterien an.
Wie in den jeweiligen Abschnitten erläutert, die Basler erfüllt nicht einmal sauber die lediglich vier von der Stiftung Warentest als wichtig empfundenen Eckpunkte.
Insofern muss man sich also fragen, warum um alles in der Welt Stiftung Warentest ausgerechnet den Tarif der Basler zum Testsieger macht? Obwohl der in allen selbst gesteckten Auswahlkriterien durchfällt?
Und das ist noch nicht alles …
Berufsdefinitionen für Schüler, Azubi und Student bei der Basler
Stiftung Warentest benennt die tatsächlichen Berufsdefinitionen für den unmittelbar nächsten Lebensabschnitt schlichtweg nicht. Ist aber sehr wichtig. Denn sowohl Schüler, Azubis als auch Studenten haben nicht automatisch einen Beruf im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung.
Schlicht weil das keine auf Dauer angelegten Tätigkeiten sind, die dazu dienen den Lebensunterhalt zu verdienen. Es kommt also explizit darauf an, was der Versicherer so unter einem Schüler / Azubi / Studenten in den Versicherungsbedingungen versteht und wie der Versicherer dieses Thema regelt.
Berufsdefintionen Schüler, Azubi, Student – Die Berufsdefinition für den Schüler ist völlig in Ordnung, auch wenn es am Markt noch etwas transparenter geht. Spielt aber für den bereits 15jährigen Modellkunden eine bestenfalls noch untergeordnete Rolle.
Suboptimal ist die Berufsdefinition für den Azubi. Die Basler stellt erst ab der zweiten Hälfte der Ausbildung und dann auch nur gem. absolvierter Ausbildungsabschnitte auf den Zielberuf und die Lebensstellung des Zielberufs ab. Diese Regelung ist aus meiner Sicht inakzeptabel, kann man am Markt mit Leichtigkeit besser bekommen.
Die Berufsdefinition für den Studenten entspricht dem Marktdurchschnitt (analog zweite Hälfte des Studiums = Lebensstellung Zielberuf). Sind langwierige Studien (bspw. Jura, Medizin …) geplant, kann man durchaus überlegen zu einer höherwertigeren Regelung zu greifen. Diese sind am Markt aber rar und daher kein Muss.
Der Test zur Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler von Stiftung Warentest ist auch in dieser Hinsicht bestenfalls als irreführend zu bezeichnen. Ein solcher Test kann eine vernünftige Beratung nicht ersetzen.
Die tatsächlich beste Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler
Gibt es nicht. Weil es „den Schüler“ nicht gibt. Es kommt immer auf die individuelle Situation und Zielsetzung an. Für einen 10jährigen Schüler müssen andere Schwerpunkte gesetzt werden, als bei einem 17jährigen Schüler.
Beim Schüler kurz vor Schulabschluss kommt man – abhängig von bereits gegebener Zielsetzung (Beispiel Ausbildung im Handwerk oder doch das Medizinstudium für 6+ Jahre?) – zu durchaus stark abweichenden Bewertungen.
Die Golden BU der LV1871 04.2021 bietet gerade für junge Schüler ein Höchstmaß an zukünftiger Flexibilität und belastbaren Regelungen. Zudem ist der Abschluss über vereinfachte und somit rechtssichere Antragsfragen möglich. Dieser Tarif wäre für einen jungen Schüler meine erste Wahl.
Einen Vergleich der Auswahlkriterien Schüler BU LV1871 vs. Basler stelle ich ebenfalls zum Download zur Verfügung.
Eine pauschale Musterlösung für jedwede Konstellation ist aber auch die LV1871 nicht.
Gerade wenn kurz vor oder nach Schulabschluss abgeschlossen wird, weil es danach in einen teuren Ausbildungsberuf gehen soll, gibt es durchaus weitere Alternativen. Die Allianz (ebenfalls Testsieger, nur schlechter bewertet als die Basler) wäre beispielsweise eine dieser Optionen.
Eines muss jedoch klar sein. Die beste Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler ist die Berufsunfähigkeitsversicherung, die zeitgleich eine medizinisch vorteilhafte wie rechtssichere Annahme und eben auch belastbare Versicherungsbedingungen bietet.
Welcher Tarif am Ende einer sinnvollen Beratung in Frage kommt, hängt also auch maßgeblich vom Gesundheitszustand des zu versichernden Schülers ab. Erst nach Aufbereitung der Gesundheitshistorie lassen sich somit sinnvolle Aussagen über die Anbieterauswahl treffen.
Alles andere ist bis dahin reines Kaffeesatzlesen, das gilt auch für diesen Test der Finanztest.
..vielen Dank Kollege Breitag für die einfache transparenten Erklärungen zu den katastrophalen Testergebnis einer Institution, wo unsere Kunden regelmäßig aufgrund der Testergebnisse auf den Leim gehen.
Einen guten Tarif den Kunden zu empfehlen und damit von der Sicht auf Brutto- und Zahlbeitrag vorerst abzubringen , ist aufgrund derartiger Publikationen nicht einfach. Meine Auseinandersetzung mit Finanztest zur Empfehlung „Fairriester“ führte nach einem halben Jahr in 2020 dazu, das man die Empfehlung zurückzog.
Ich denke die Beurteilungen von Waschmaschinen und Toaster liegt denen mehr als Versicherungen.
Egon Ruhland Vers-makler.
Sehr geehrter Herr Kollege Beitrag. Respekt und Kompliment für Ihre Arbeit, a) die mich einerseits bestätigt! und b) das man im nachhinein seinem „Gefühl“ nicht ganz vernachlässigen sollte. Leider habe ich sehr oft schon festgestellt, dass Stiftung Warentest, Finanztest und Wirtschaftswoche (wo ich noch mehr aufzählen könnte) eine eher oberflächliche, oder zu kurze und eher fast schon „einseitige“ Empfehlung aussprechen. Leider habe ich nach 30 Jahren Berufserfahrung bis heute festgestellt: Gut wenn andere die Vorarbeit machen, aber besser wenn man selbst genauer recherchiert. Was einen Maklerbetreuer, Hausinterne „Vergleichsprospekte“ usw. alles von sich gibt, bestätigt nur, dass man selbst die Arbeit für sich machen muss! Auch uns passieren „Fehler“ die man bei solchen Vergleichen mal übersieht. Aber zu seinen Fehler kann man stehen und ärgert sich hinterher nicht, dass man den gleichen Blödsinn macht, den die Schreiber und „Analysten“ von sich geben.
Auch den Kollegen Gall, möchte ich moralisch unterstützen, dass die Beste Empfehlung immer noch die eigene ist, wenn man ordentlich
arbeitet und nach eigener Erfahrungen Empfehlungen ausspricht. Wir haben in 30 Jahren 27 BU-Leistungsfälle begleitet und bis auf einen alle „durchgebracht“.
Mein tatsächlich größtes Problem mit Finanztest besteht darin, dass konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden. Und diese in der Regel nichts mit dem zu tun haben, wie ein solider Versicherungsmakler im Interesse seiner Kunden arbeiten würde. Eher eben – im Sinne der zugegeben reißerischen Artikelüberschrift – als gefährlich zu bezeichnen sind.
Beim Test einer Waschmaschine wird hingegen bestenfalls eine Kaufempfehlung ausgesprochen. Das ist für mich noch der harmlosere Teil.
Oder eben drastischer formuliert: Hier wird versucht „Beratung“ unter dem Deckmantel journalistischer Freiheiten zu erbringen.