Wenn man eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte, kann das in der Elternzeit schwierig werden. Hier stand der berufliche Wiedereintritt unmittelbar bevor, die Gesundheitshistorie war überschaubar und der Arbeitgeber hat mitgespielt.
Inhaltsverzeichnis Berufsunfähigkeitsversicherung für eine Projektleiterin in Elternzeit
Anamnese und Ausgangssituation
Die Interessentin hatte kam über google auf meinen Blog und war ohne Vorbelastung durch Altvertrag / Vorvermittler.
Der Gesundheitsfragebogen war sauber ausgefüllt, die Gesundheitshistorie insgesamt überschaubar und eher unproblematisch.
Speziell war im Grunde nur, dass der Abschluss noch aus der Elternzeit erfolgen sollte. Der berufliche Wiedereintritt in Vollzeit war für den Juli geplant.
Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung in der Elternzeit kann in vielerlei Hinsicht herausfordernd sein.
Es gibt kein gänzlich einheitliches Vorgehen am Markt, aber als grobe Faustregel gilt: Erst ca. 6 Monate vor geplantem Wiedereinstieg (der idealerweise mit einem Schreiben des Arbeitgebers belegt wird) erkennen die Versicherer das volle Einkommen für die wirtschaftliche Angemessenheit (salopp, mögliche BU-Rentenhöhe) an.
Heißt auch, wenn man / Frau zeitnah nach der Geburt abschließen möchte, werden meist nur pauschal definierte Obergrenzen erlaubt. Bei Akademikern bspw. 1.500 bis maximal 2.000 Euro BU-Rente. Eben weil der Wiedereinstieg selbst (und der Umfang der Tätigkeit) noch ungewiss sind.
Die Anfrage der Interessentin stammte aus dem November 2022, die Wiederaufnahme der ursprünglichen Tätigkeit sollte im Juli 2023 erfolgen. Das war für eine optimale Umsetzung also tatsächlich noch etwas zu früh.
Für die Aufbereitung der Gesundheitshistorie war noch ein OP-Bericht zu beschaffen. Die Interessentin sollte zudem aus verschiedenen Gründen GKV und KAV Auskünfte anfordern und prüfen. Das allein kann schon ein paar Wochen dauern.
Nach einem Check der Unterlagen im Februar begann die eigentliche Umsetzung dann im April.
Bis zu diesem Zeitpunkt konnte auch ein Schreiben des Arbeitgebers beschafft werden, in welchem der Zeitpunkt des Wiedereinstiegs, der Umfang der Tätigkeit und die Vergütung enthalten waren. Eine sinnvolle Maßnahme, welche ich bei Abschluss einer BU in der Elternzeit grundsätzlich empfehle.
Verlauf der Risikovoranfrage
Vor dem Hintergrund mit der Elternzeit kann es diverse weitere Herausforderungen geben – siehe konkrete Umsetzung – die hier aber nicht berücksichtigt werden mussten.
Auch ist der Projektleiter eine Sammelgruppenberufseinstufung, die je nach Softmerkmalen von Versicherer zu Versicherer erhebliche Prämienunterschiede aufweisen kann. Die Softmerkmale (ua. Masterabschluss, 100 % Büro, Einkommenshöhe und prognostizierte Entwicklung …) waren hier unproblematisch ausgeprägt.
Die Gesundheitshistorie war überschaubar, wenn auch kein Selbstläufer und die Hobbys unproblematisch aus Sicht einer BU-Risikoprüfung.
Somit stand am Ende die LV1871 als Einzelvertragslösung auf dem Speiseplan, wie so häufig derzeit. Die Risikovoranfrage brachte keine Überraschung, glatt Annahme.
Konkrete Umsetzung – BU für Projektleiterin in Elternzeit
Eine sinnvolle und dauerhafte Umsetzung bei Abschluss einer BU in der Elternzeit kann ambitioniert sein.
Wird beispielsweise nur mit pauschaler Obergrenze von 1.500 Euro abgeschlossen, ist eine angemessene spätere Erhöhung via Nachversicherung ob der niedrigen initialen BU-Rente gar nicht so einfach.
Derzeit gibt es auch keinen BU-Versicherer, der diese Konstellation „Elternzeit“ wirklich durchdacht in den Versicherungsbedingungen abgebildet hat.
Ein einfaches Beispiel: Das klassische Nachversicherungsereignis lautet auf Geburt eines Kindes, die Nachversicherung kann je nach Bedingungen 6-12 Monate in Folge des Ereignisses stattfinden. Im klassischen Rollenbild geht die Frau im Anschluss aber meist in die Elternzeit. Zu diesem Zeitpunkt liegt keine wirtschaftliche Angemessenheit vor und Elternzeiten / die Auszeit für die Kindererziehung dauern häufig sogar länger als 12 Monate.
Heißt, das Nachversicherungsereignis „Geburt eines Kindes“ nutzt der Frau mangels wirtschaftlicher Angemessenheit meist wenig. Bei Abschluss aus der Elternzeit heraus sowieso nicht, dann fand das Ereignis ja bereits vor BU-Abschluss statt.
Hier sollten die Versicherungsbedingungen ein Ereignis „Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach Elternzeit“ enthalten. Zudem sollte auch die „Erhöhung der Arbeitszeit aus einer Teilzeittätigkeit“ ein Nachversicherungsereignis sein. Denn selten erfolgt der Wiedereinstieg sofort in Vollzeit.
Leider gibt es derzeit aber keinen einzigen Versicherer, der beide Storys gleichzeitig abbildet. Die LV1871 hat bspw. nur die letztere Regelung.
Das Thema nicht durchdachte Versicherungsbedingungen und Elternzeit könnte man noch deutlich weiter ausführen, im vorliegenden Fall war das nicht nötig.
Die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit war (eher Ausnahmefall) in Vollzeit geplant. Das Einkommen war hoch genug, um selbst bei sinnvoller BU-Rentenhöhe keine Probleme mit der Beitragsdynamik bei der LV1871 zu bekommen.
Es verblieben die klassischen Vorteile der LV1871, im konkreten Fall waren das beispielsweise:
- Nachversicherung möglich bis 3.300 € BU-Rente
- Karrieregarantie möglich bis 6.600 € BU-Rente
- beste Verlängerungsoption bei Erhöhung der Regelaltersgrenze in GRV oder Versorgungswerk am Markt
- Teilzeitklausel für den Fall Kind + Beruf in Teilzeit
Entsprechend sprach nichts gegen die Umsetzung, die Interessentin war einverstanden.
Fazit Berufsunfähigkeitsversicherung für Projektleiterin in Elternzeit
Die Elternzeit kann ein durchaus problematischer Zeitpunkt für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sein. Im vorliegenden Fall fielen alle Variablen allerdings zu Gunsten meiner Kundin aus.
Generell würde ich „Frau“ dazu raten, den BU-Abschluss bereits vor dem konkreten Kinderwunsch unter Dach und Fach zu bringen. Neben den teilweise benannten technischen Aspekten spielt dabei auch die Gesundheitshistorie (nicht jede Schwangerschaft läuft reibungslos) eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Erfolgt der BU-Abschluss aber nach der Geburt, empfehle ich nahezu pauschal auch die Anforderung von Auskünften der GKV / KAV. Einfach weil die Themen „Kinderwunsch“ und „Geburt“ recht anfällig für falsche Abrechnungsdiagnosen sind. Salopp, die durch Ärzte abgerechnete Aktenlage sieht häufig anders aus, als man die tatsächliche Gesundheitshistorie in Erinnerung hatte.
Davon mal abgesehen:
Nachdem ich Kundentermine mit Interessentinnen hatte, die zu diesem Zeitpunkt mit Baby im Tragegurt durch das Zimmer liefen, das schreiende Kind auf dem Schoß hatten (macht richtig Spaß mit gutem Headset), den Termin unterbrechen mussten, weil das Baby aufgewacht war – usw. usf. – glaube ich ernsthaft daran, dass Frauen ALLES und ALLES GLEICHZEITIG können.
Muss ja aber nicht sein, wenn es auch (früher) einfacher geht.
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