Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte, sieht sich spätestens im Antrag mit der Frage nach Ausübung von gefährlichen Hobbys / Hobbies konfrontiert. In diesem Artikel erläutere ich, was es zu beachten gilt und welche Lösungsansätze es gibt.

Grundsätzlich gilt: Übliche Breitensportarten wie Fußball, Handball, Tennis usw. usf. sind in jeder Berufsunfähigkeitsversicherung risikoneutral inkludiert. Zumindest, wenn diese als Hobbys und nicht professionell ausgeübt werden.

Bei Sportarten und Hobbys mit erhöhtem Verletzungsrisiko und insbesondere auch bei recht jungen Trendsportarten ist hingegen genau zu prüfen und mit Risikozuschlägen zu rechnen.

Dazu zählen insbesondere, aber nicht abschließend:

Bergsteigen / Bergwandern über 4000 Höhenmetern

Klettern Indoor über UIAA 7

Klettern Alpin über UIAA 5

Klettersteig ab Schwierigkeitsgrad D

Ski Alpin abseits ausgewiesener Pisten

Mountainbike Downhill und Freeride

Radsport – BMX – mit Wettbewerben

generell Radsport in Wettbewerben, exklusive Rennrad

Ballon fahren mit Wettbewerben

Drachenfliegen

Fallschirmspringen

Fliegen von Hubschraubern, Flugzeugen und Fluggeräten

Gleitschirmfliegen / Paragliding

American Football

Eishockey

Rugby

Motorradfahren über reine Freizeitfahrten hinaus (Rallye, Rennsport, Enduro usw. usf.)

Quad

Rennsport und Rallye im Auto

Go Kart mit Wettbewerben

Von Versicherer zu Versicherer sehr stark unterschiedlich.

paradox: generell Wettbewerbe ab bestimmten Leistungsklassen

Militaryreiten

Polo

Rodeo

Apnoetauchen

Tauchen mit Tauchtiefen über 40 Metern

Höhlentauchen

Nachttauchen

Tauchwettbewerbe

Jet Ski mit Wettbewerben

Kanu / Kajak / Rafting

Kitesurfen

Motorbootrennen

Segeln mit Wettbewerben und Hochseesegeln

Wasserski und Windsurfen mit Wettbewerben

Boxen

Escrima / Hapkido / Jeet Kune Do / Jiu-Jitsu/Ju-Jutsu / Judo / Kali / Karate / Kendo / Ringen mit Wettkämpfen

Kickboxen

Kung-Fu – mit Wettkämpfen – Leicht-, Semikontakt

MMA

Taekwondo – mit Wettkämpfen – Leicht-, Semikontakt

Thaiboxen/Muay-Thai

Ultimate Fighting/ Free Fight

Eine ersten Anhaltspunkt über die ungefähre Einschätzung von risikorelevanten Hobbys und Sportarten bietet das öffentlich zugängliche Portal Quickrisk, die Onlinerisikoprüfung der LV1871.

Wenn ich wiederum ein Hobby ausübe, welches zu den neueren Trendsportarten zählt und ggf. nicht beispielhaft in der Antragsfrage benannt ist, muss man die rechtliche Rahmenlage berücksichtigen.

Die rechtliche Rahmenlage für gefährliche Hobbys im BU Antrag

Für die rechtliche Rahmenlage ist entscheidend, wie die tatsächliche Antragsfrage lautet. Wir unterscheiden diesbezüglich zwei grundsätzliche Konstellationen.

  • Offene Antragsfragen nach gefährlichen Hobbys / Sportarten / Freizeitrisiken mit lediglich beispielhafter Aufzählung
  • Geschlossene Antragsfragen nach bestimmten Hobbys / Sportarten / Freizeitrisiken mit abschließender Aufzählung

Lediglich bei geschlossenen Antragsfragen, wie sie beispielsweise in BU Aktionen mit vereinfachter Gesundheitsprüfung verwendet werden, ist eine nicht explizit benannte(s) Sportart / Hobby / Freizeitrisiko rechtlich sauber nicht angabepflichtig.

Bei offenen Antragsfragen geht es jedoch nicht allein um die beispielhaft benannten Aspekte, sondern um jede(s) Hobby / Freizeitrisiko / Sportart, bei dem der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer von einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgehen muss.

Die rein beispielhafte Aufzählung „( … zum Beispiel …) „ in offenen Antragsfragen ist lediglich eine formelle juristische Voraussetzung an die Transparenz und Verständlichkeit der Antragsfrage. Sie ist aber eben allein beispielhaft und nicht abschließend.

Liegen erhöhtes Verletzungsrisiko oder Todesfallrisiko auf der Hand (bspw. Giftschlangenzucht, Parkour, Paragliding, Wrestling …), sind diese Storys auch unabhängig von der beispielhaften Aufzählung in offenen Antragsfragen angabepflichtig.

Diese Antragsfrage entstammt der Aktion „unter 35“ von der LV1871. Die Antragsfrage ist abschließend auf bestimmte Freizeitaktivitäten beschränkt. Beispielsweise wird zwar Tauchsport erfragt, das aber nur ganz konkret bei Tauchtiefen ab 40 Metern.

Betreibe ich beispielsweise Apnoetauchen, werden in der Regel schon ab mehr als 20 Meter Tauchtiefe Risikozuschläge fällig. Hier ist das ganz klar konkretisiert und wäre unter 40 Meter nicht angabepflichtig.

Zudem sind „neumodische“ Trendsportarten nicht erfragt. Für neuere Trends gibt es in der Regel keine Datenbasis beim Rückversicherer, was durchaus häufig zu Risikozuschlägen aus reinem „Verdacht“ heraus führen kann.

Ebenfalls ist beispielsweise das Thema Wassersport außen vor. Segeln oder Surfen sind also nicht erfragt.

Diese Antragsfrage der Alte Leipziger ist eine offene Aufzählung. Erfragt werden nur „besondere Gefahren“, das umfasst alle Hobbys / Freizeitaktivitäten und Sportarten, die hinsichtlich ihres Risikos über Breitensportarten wie Fußball, Basketball oder Handball hinaus gehen.

Die Aufzählung in der Klammer ist beispielhaft „(z.B. …) und nicht abschließend.

Diese Antragsfrage findet sich so oder so ähnlich in der Mehrheit der Anträge auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung wieder. Sie zeigt auch direkt einen der ganz typischen Fehler im Kontext auf: Fragebögen

Wir kommen an anderer Stelle noch einmal darauf zurück.

Welche Konsequenzen haben gefährliche Hobbys / Sportarten / Freizeitaktivitäten?

Stuft der Versicherer das Risiko eines Hobbys als überdurchschnittlich ein, erhebt er einen Risikozuschlag. Zudem sind bestimmte Sportarten und Freizeitaktivitäten in regulärer Risikoprüfung gar nicht erst versicherbar.

Beispiele:

  • Montainbike – Downhill (Mountainbike) – ohne Wettbewerbe – 25 % Risikozuschlag
  • Ski/Snowboard – Freeriding, abseits von Pisten – ohne Wettbewerbe – 25 % Risikozuschlag
  • Gleitschirmfliegen / Paragliding – ohne Wettbewerbe – 75 % Risikozuschlag
  • Kitesurfen – mit Wettbewerben – 50 % Risikozuschlag
  • Fallschirmspringen – Base-Jumping – Ablehnung wegen Freizeitsport

Weit verbreiteter Irrtum: Kommt ein Schlaubischlumpf aus „ich spare mir das Geld“-Gründen auf die Idee sein Hobby zu verschweigen, kann er das im Leistungsfall oder bei Kenntniserlangung durch den Versicherer nicht einfach durch eine „Nachzahlung“ wieder heilen.

Es gelten die tatsächlichen Konsequenzen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.

Lösungsansätze für gefährliche Hobbys, Sportarten und Freizeitaktivitäten in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Als auf die Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierter Versicherungsmakler kann ich im Regelfall eine Lösung bei Ausübung gefährlicher Hobbys, Sportarten oder Freizeitaktivitäten anbieten. Hinsichtlich der Lösungsansätze kommt es aber zunächst auf das tatsächlich vorliegende Problem an, beispielhaft nachfolgend erläutert:

Ein Hobby bewegt sich im Grenzbereich der Annahmerichtlinien

Häufig sind die Annahmerichtlinien der Versicherer sehr willkürlich gezogen. Das liegt nicht selten an Vorgaben der Rückversicherer oder beispielsweise auch Unkenntnis der Sachbearbeiter.

Im Zuge einer Risikovoranfrage kann man leidlich genau die tatsächliche Ausprägung eines Hobbys herausarbeiten. Wenn man weiß, welche Aspekte den Risikoprüfern Sorgen machen, lassen sich diese Bedenken möglicherweise zerstreuen. Eine genaue Kenntnis der Annahmerichtlinien ist natürlich nötig.

Bei Unverständnis kann auch ein klärendes Gespräch meinerseits mit den Risikoprüfern weiterhelfen.

Beispiele:

  • Risikoprüfer denkt bei Enduro (Mountainbike) an Videoclips mit akrobatischen Höchstleistungen auf Youtube …
  • Risikoprüfer denkt bei „Westernreiten“ würden Sie mit wütenden Bullen kämpfen, dabei nutzen Sie schlicht nur einen anderen Sattel …

Ein überschaubar gefährliches Hobby würde unvermeidbar zu einem Risikozuschlag führen

Risikozuschläge sind nicht unbedingt ein Weltuntergang. Gerade Risikozuschläge für Freizeitaktivitäten sind direkt kausal zur Freizeitaktivität und können gem. §41 VVG auch wieder entfallen.

Je nach Berufsgruppe und Höhe des Risikozuschlags muss ein passender Anbieter nicht einmal teurer sein, als andere Anbieter in nachteiligeren Berufsgruppen ohne Risikozuschlag. Das ist immer eine sehr individuelle Story.

Ist all das kein möglicher Lösungsansatz, verbleiben die BU Aktionen mit vereinfachten Gesundheitsfragen als Lösungsansatz.

Das Hobby / die Freizeitaktivität ist am freien Markt nicht versicherbar

Bis dato ist mir diese Szenario noch nicht begegnet. Letzten Endes verbleiben hier aber nur BU Aktionen mit vereinfachten Gesundheitsfragen oder Rahmenverträge in der betrieblichen Altersvorsorge als Lösungsansatz. Letztere sind vor allem unter dem Aspekt „Brutto / Netto BU Rente“ mit Vorsicht zu genießen und ultima ratio.

Was mir hingegen schon durchaus passiert ist: Interessent hatte Anfrage bei anderen Vermittlern gestellt, bspw. bei Check24 oder beim Ausschließlichkeitsvertreter um die Ecke. Diese konnten dann keine Lösung herbeiführen. Die Ablehnung eines einzelnen Versicherers muss aber keinesfalls heißen, dass der Gesamtmarkt keine Lösung hergibt.

Fragebögen und was man sonst noch nicht tun sollte

Bevor irgendwelche scharfen Anträge gestellt werden, ist zunächst die Aufbereitung der Gesundheitshistorie zu erbringen. Bei dieser Risikoaufbereitung, die im Regelfall mit einer Risikovoranfrage abgeschlossen wird, muss natürlich auch das Thema gefährliche Freizeitaktivitäten, Hobbys und Sportarten besprochen werden.

Entsprechend findet sich das Thema auch in meinem Gesundheitsfragebogen wieder. Dieser ist Voraussetzung für den Ersttermin.

Das Thema sollte man schlicht nicht unterschätzen. Einfach mal auf Verdacht einen Antrag raus hauen und „schaun ma mal“ kann unter Umständen auch mächtig in die Hose gehen. Anträge, die zu Erschwerungen geführt haben oder abgelehnt wurden, sind meist auch beim „zweiten Versuch“ wieder als solche angabepflichtig und machen die saubere Lösung im Nachgang nicht unbedingt leichter.

Was ich ebenfalls generell nicht tue: Ich verwende und beantworte im Regelfall keine Fragebögen der Versicherer zu gefährlichen Sportarten / Hobbys / Freizeitaktivitäten.

Fragebögen dehnen die Anzeigepflicht auch gegenüber einem regulären Antrag stets unverhältnismäßig aus. Der Kunde begibt sich also im Regelfall völlig grundlos in eine nachteiligere rechtliche Ausgangsposition.

Zudem sind diese Fragebögen häufig denkbar dämlich aufgebaut, zum Teil gar nicht sinnvoll zu beantworten. Ein Beispiel aus dem Fragebogen zum Bergsport der Alte Leipziger:

Wissen Sie schon, wo Sie den Bergsport so ZUNKÜNFTIG ausüben wollen? Nein? Doof, also lassen wir das doch besser und lösen die Story vernünftig.