BU-Versicherer unterhalten jeweils ein ganzes Arsenal von Fragebögen zwecks Risikoprüfung in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Im absoluten Regelfall sind diese Fragebögen gänzlich sinnlos und dehnen die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers gegenüber regulären Antragsfragen völlig unangemessen aus.

Überraschenderweise arbeiten dennoch einige Kollegen routinemäßig mit Fragebögen. Was ein absolutes „NoGo“ sein sollte. Warum das so ist, erkläre ich in diesem Blogbeitrag.

Welche Fragebögen gibt es eigentlich und warum?

Grundsätzlich dienen die Fragebögen der Versicherer der vermeintlich genaueren Risikobeurteilung. Was aus zweierlei Sicht für den Versicherer Sinn machen kann. Sind die Angaben in der Risikovoranfrage oder im Antrag derart ungenau, dass keine abschließende Einschätzung möglich ist, wird der Versicherer einen Fragebogen rausschicken.

Zudem hat der Versicherer bei stark tendenziösen Angaben im Antrag seine Nachfrageobliegenheit zur erfüllen. Ansonsten ständen seine Chancen vor Gericht (im Zuge einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung) schlechter, wenn er vermeintlich dringend nötige Details nicht erfragt hätte.

Entsprechend gibt es Risikofragebögen für ALLE Aspekte der Risikoprüfung einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Als da wären …

  • Fragebögen zur Prüfung medizinischer Aspekte

  • Fragebögen im Zuge angeforderter Arztberichte

  • Fragebögen für Freizeitaktivitäten / Hobbys und berufliche Gefahren

  • Fragebögen Beruf und Berufsgruppeneinstufung

Soweit die Theorie. In der Praxis setzen die meisten Versicherer Fragebögen einfach als völlig sinnlose Beschäftigungstherapie für Interessenten und Vermittler ein, auch wenn sich eben absolut kein notwendiger Erkenntnisgewinn erhoffen lässt. Die Gründe dafür sind vielfältig.

In der Regel ist das durch Vorgaben von höherer Stelle bedingt. Manchmal ist es der Inkompetenz von Sachbearbeitern geschuldet. Und fast immer werden unnötige Fragebögen versendet, weil Sachbearbeiter von Versicherern es in Gutsherrenart nicht für nötig halten, schnöden Vermittlern oder Prämienzahlern mitzuteilen, was sie eigentlich warum wissen wollen. So ein Fragebogen ist halt einfach schneller raus geschickt.

Aus Sicht Versicherungsnehmer (und auch aus Sicht Versicherungsmakler) ist das aber nicht einfach nur eine frustrierende Gängelei. Auch rechtlich ist dieses Vorgehen häufig nicht unbedenklich, wie ich in den nachfolgenden Ausschnitten erklären werde.

Man verstehe mich nicht falsch: Es gibt durchaus Situationen, in denen Fragebögen gerechtfertigt und angemessen sein können. Bei sauberer Aufbereitung der Gesundheitshistorie ist das aber der absolute Ausnahmefall.

Fallstricke Fragebögen zur medizinischen Risikoprüfung

Selbstverständlich gibt es Fragebögen für quasi alle gesundheitlichen Aspekte eines Antrags auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung.

Im Idealfall stellt man vor dem Antrag eine pseudonymisierte Risikovoranfrage mit detailliert aufbereiteter Gesundheitshistorie, um die spätere Versicherbarkeit abzufragen / abzuklären. Im besagten Idealfall bleiben dabei keine Fragen offen, so dass ein Fragebogen nicht erforderlich ist.

Nur bewegt man sich in der Praxis natürlich nicht nur in Idealfällen. Es gibt verschiedene Gründe warum wesentliche Informationen fehlen können. Vielleicht praktiziert ein Arzt nicht mehr und man bekam daher keinen Arztbericht. Der Keller des Krankenhauses wurde überflutet, den damals analog erstellten Krankenhausentlassungsbericht gibt es nicht mehr. Alles schon erlebt …

Es gibt aber eben auch jene Versicherer, die reflexartig und völlig sinnlos praktisch immer Fragebögen anfordern. Der schlimmste davon ist die Alte Leipziger. Bei diesem Versicherer ist es auch mit am einfachsten zu erklären.

Die Alte Leipziger hat ein elektronisches Risikoprüfungstool, eVotum genannt. Mit diesem lassen sich für viele gesundheitliche Einschätzungen verbindliche Ergebnisse produzieren, aber eben nicht für alle Gegebenheiten.

So reichte ich dieses Jahr eine Risikovoranfrage mit 5 inhaltlichen Aspekten bei der Alte Leipziger ein. 4 dieser Aspekte wären durch eVotum abbildbar gewesen. Die Risikovoranfrage enthielt alle Angaben, die auch für das eVotum erforderlich gewesen wären. Story Nummer 5 – tatsächlich der relevanteste Aspekte – wäre aber eben nicht durch eVotum abbildbar gewesen, zumindest nicht rechtssicher.

Was macht die Alte Leipziger? Zum relevantesten Aspekt äußert sie sich im manuellen Votum gar nicht, fordert aber für die 4 anderen Aspekte jeweils einen Fragebogen an. Obwohl diese Aspekte analog ihrer eigenen Systematik in eVotum aufbereitet (und davon abgesehen völlig irrelevant) waren.

Sorry, bei so einem Bumsbudenverhalten gibt es keinen Antrag. Einer von vielen Gründen, warum ich in den letzten Jahren nur sehr, sehr wenige Anträge bei der Alte Leipziger eingereicht habe.

Nun nehmen wir aber mal an, der Interessent würde die Fragebögen ausfüllen und einreichen. Greifen wir dafür auf obiges Beispiel zurück. Aus Sicht des Interessenten gab es mit knapp über 12 Monaten Zeitabstand Verspannungen, konkret Schmerzen im Bereich der oberen Wirbelsäule. Der Orthopäde hat mal „knick knack“ gemacht und die Story war nach ein paar Tagen vergessen.

EVotum fragt das dann wie folgt ab:

Die dafür erforderlichen Angaben standen in der Risikovoranfrage, wenn auch nicht so schön tabellarisch. Die Alte Leipziger verlangt einen Fragebogen Wirbelsäule. Deren Fragebogen zu Wirbelsäulenerkrankungen findet man hier. 7 Seiten, 28 Fragen.

Halten wir mal die tatsächlich Antragsfrage daneben, wobei das bei der Alten Leipziger gleich 2 sind:

Auch dem blutigsten Laien müsste auffallen, dass zwischen diesen beiden Antragsfragen und den 7 Seiten mit 28 Fragen inhaltlich gewisse Unterschiede bestehen. Es liegt also eine erhebliche Ausweitung der Anzeigepflicht gegenüber der regulären Antragsfrage vor.

Der Gesetzgeber regelt im §19 VVG explizit, dass der Versicherungsnehmer jene gefahrerheblichen Umstände anzugeben habe, die entschlussrelevant und gefahrerheblich sind -> UND nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Der Gesetzgeber verlangt nicht Umstände anzugeben, die eben NICHT vorlagen (wie bspw. eVotum) oder die der Versicherungsnehmer gar nicht wissen kann.

Der Fragebogen der Alte Leipziger verlangt das sehr wohl. Beispiel wäre eine aus der Kindheit bekannte Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), die in Antragsfrage 16 gänzlich unbefristet erfragt wird. Völlig unabhängig davon, ob da überhaupt irgendein Zusammenhang besteht.

Er dehnt aber nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich gegenüber dem Antrag aus.

So fragt der eigentliche Antrag nach „STATIONÄREN AUFENHALTEN“ binnen 10 Jahren und „bestehen / bestanden Krankheiten im Kontext binnen 3 Jahren“. In Frage 15 werden aber alle Behandlungen im Krankenhaus (im Kontext) binnen 10 Jahren abgefragt.

Die unspezifische Frage 8 des Fragebogens weitet bei „behandlungsbedürftigen Komplikationen“ auf 5 Jahre aus (gegenüber den 3 aus dem Antrag).

Frage 9 des Fragebogens erfragt jedwede Arbeitsunfähigkeit im Kontext binnen 5 Jahren, während die Antragsfrage nur Arbeitsunfähigkeiten von mehr als 3 Wochen binnen 5 Jahren erfragt.

Frage 10 erfragt bildgebende Diagnostik (also untersucht, behandelt, beraten) binnen 5 Jahren, der Antrag nur nach aufgesuchten Ärzten / Heilbehandlern binnen 3 Jahren.

Die Story könnte man jetzt noch einige Zeit fortsetzen, aber wie gesagt: Soll jeder für sich selbst entscheiden, ob er so eine Scheiße mitmacht. Meine Empfehlung lautet klar „nein“.

Fallstricke Fragebögen im Zuge von Arztberichten

Grundsätzlich hat jeder Versicherer das Recht, im Zuge der Antragsstellung einen generalisierten „Arztbericht“ (zum Beispiel vom Hausarzt) anzufordern.

Die LV1871 tut dies zwecks Qualitätssicherung (sehr vernünftig) beispielsweise regelmäßig. Finde ich völlig in Ordnung, schließlich trägt die Versicherungsgemeinschaft (also auch ich als Kunde) später die Kosten, wenn der Versicherer bei der Risikoprüfung schlampt.

Diese Arztabfrage ebenfalls durch eine Art Fragebogen. Der hat aber wiederum nichts mehr mit den Antragsfragen zu tun.

Plötzlich werden Teilaspekte zeitlich unbegrenzt abgefragt und inhaltlich wird von Krankheiten / Beschwerden aus dem Antrag auf zum Beispiel Störungen ausgedehnt. Siehe Gesundheitsfragen lesen und verstehen

Niemals, wirklich niemals sollte man den Versicherer diese Informationen selbst einholen lassen! Immer Fragebogen zum Kunden, dann wird inhaltlich auf das Antragsniveau zusammengestrichen und nur das was angemessen ist und übrig bleibt holt der Interessent selbst beim Arzt ein.

Diese Lektion musste ich als Anfänger im Beruf vor vielen Jahren selbst erst lernen. So forderte damals die Swisslife einen Arztbericht bei einem meiner ersten Kunden überhaupt an. Auf Bitte uns diese Anfrage zukommen zu lassen, antwortete die Swisslife, dass dies generell nicht möglich sei.

Was soll ich sagen, ich bin auch nicht als Meister vom Himmel gefallen, damals war ich dumm und habe es geglaubt.

Natürlich fragte die Swisslife den Hausarzt unbegrenzt ab. Erfuhr von nicht unerheblichen Beschwerden außerhalb des Zeitraums jeder Antragsfrage und der Interessent bekam einen Leistungsausschluss angeboten.

Glücklicherweise habe ich die Story mit der damals noch überragenden Alte Leipziger noch zu einem guten alternativen Ende gebracht.

Aber für diese Lektion und die damalige Lüge bin ich der Swisslife bis heute sehr dankbar. Die Swisslife läuft auf keinen Fall Gefahr, jemals wieder einen Antrag von mir zu bekommen.

Fallstricke Fragebögen zu Hobbys / Freizeitaktivitäten / beruflichen Gefahren

Gefährliche Hobbys und Freizeitaktivitäten sind natürlich auch Teil der Risikoprüfung. Entsprechend haben die Versicherer auch dafür Fragebögen.

Hier kann ich es kurz machen, diese lasse ich meine Interessenten niemals ausfüllen.

Warum das so ist? Schauen wir doch mal auf diese charmante Frage aus dem Fragebogen Bergsport der Alte Leipziger:

„Bisher und zukünftig“. Heute schon an der Glaskugel gerieben?

Mir ist in all den Jahren kein einziger Fall begegnet, wo ein Fragebogen für Hobbys inhaltlich gerechtfertigt gewesen wäre. In Zeiten von Quickrisk und vergleichbaren Tools ist das auch nicht mehr zu erwarten.

Mit beruflichen Gefahren mag es im Einzelfall anders aussehen. Hier muss ich zugeben, dass ich ob meiner MINT-dominierten Kundschaft insgesamt eher selten Berührungspunkte mit dieser Problemstellung habe.

Allerdings sind Chemiker ein wiederkehrendes Thema, auch bei mir im Bestand. Im konkreten Fall von Chemieingenieuren, Chemikern und vergleichbaren Berufen entstehen gleich mehrere Probleme auf einmal.

Insbesondere haben einige Versicherer von diesen Berufen regelmäßig überhaupt keine Ahnung. Gefahrstoffe im Sinne beruflicher Risiken sind regelmäßig eher ein Thema im Grundstudium. Später im Beruf reden wir häufig nur noch von Lösungsmitteln und vergleichbar irrelevanten Storys, was aber von Versicherer zu Versicherer sehr unterschiedlich bewertet wird.

Für die Chemiker gibt es – meiner Meinung nach auch für jeden Einzelfall – konkrete und belastbare Lösungsansätze. Das näher auszuführen würde an dieser Stelle ob einer Vielzahl möglicher Variablen jedoch zu weit führen.

Allerdings wüsste ich beim besten Fall nicht, wozu und warum ich meine Kunden dafür in die Ungewissheit und Rechtsunsicherheit eines Fragebogens stürzen sollte.

Fallstricke Fragebögen Beruf und Berufsgruppeneinstufung

In der Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein Interesse des Versicherers am tatsächlich ausgeübten Beruf absolut logisch.

Das Problem: Dieses Interesse hat der Versicherer durchaus zu zwei völlig unterschiedlichen Zeitpunkten. Einmal bei Berufsgruppeneinstufung zum Abschlusszeitpunkt, ein anderes Mal im Zuge eines BU-Leistungsantrags, wenn der tatsächlich zuletzt ausgeübte Beruf explizit darzustellen ist.

Dieses Grundproblem erklärt, warum ich äußerst allergisch auf Fragebögen im Kontext reagiere.

Für die reine Berufsgruppeneinstufung ist es nicht sehr smart, überflüssig detaillierte Informationen in starre Fragebögen zu pressen (siehe nachfolgendes Beispiel). Bei einem zeitnahen Leistungsfall müsste ich ja ohnehin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit äußerst detailliert und sorgfältig darstellen. Blöd, wenn ich bei der Berufsgruppeneinstufung (auch ob anderer Zielsetzung) vielleicht nicht ganz so sorgfältig war.

Schon ist der erste Ärger mit dem Versicherer vorprogrammiert.

Da gibt es einfach erheblich sinnvollere Lösungsoptionen, um eine vorteilhafte und zugleich rechtssichere Berufsgruppeneinstufung zu bewirken.

Richtig nervig sind aber jene Versicherer, die den Interessenten zum Ausfüllen solcher Fragebögen zwingen wollen. Nur weil eine angemessene Berufsunfähigkeitsrente versichert werden soll und keine Hartz-4-Vermeidungspolice.

Besonders auffällig ist hier die Bayerische, die bei BU-Renten von insgesamt (alle Absicherungen) über 3.000 Euro immer eine „zusätzliche Erklärung berufliche Tätigkeit / Einkommen“ haben will. Einige Fragen in dieser Erklärung sind aus meiner Sicht gänzlich unangemessen.

Problematisch ist aber insbesondere, dass dieser Fragebogen einfach immer ob einer rein zahlenbasierten Barriere (über 3.000 Euro BU-Rente gesamt) ausgelöst wird, völlig unabhängig davon, ob überhaupt irgendein Kenntnisgewinn dadurch zu erwarten oder überhaupt notwendig wäre.

Die (wie oben beschrieben) potentiell gefährliche Frage nach in Prozentsätzen ausgeübten (Teil-)Tätigkeiten findet sich auch in dieser Zusatzerklärung.

Eine solche Frage füllt man nicht tatsächlich aus, auf keinen Fall. So, wie ich es auch erst heute wieder einer Kundin (angestellte Oberärztin Gynäkologie) per Mail erklärt habe:

Wenn die Gesellschaft das nicht akzeptiert, begrüßen genügend andere Versicherer einfaches Neugeschäft. Generell bin ich nicht bereit meine Interessenten mit sowas ins Messer laufen zu lassen.

Mal ganz abgesehen von manch anderen Fragen dieser Erklärung, wie bspw. …

  1. „Name und Anschrift des Unternehmen?“
  2. „Wieviele (Die schreiben das so falsch!) Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen?“
  3. „Branche des Unternehmens?“
  4. „Haben Sie bereits einen anderen als den jetzigen Beruf ausgeübt?“

Wenn der Versicherer keinen Respekt vor meiner oder der Lebenszeit meiner Interessenten hat, dann kriegt er halt keine Anträge mehr.

Mal ganz abgesehen davon, dass wir bis 2018 ein Gebot der Datensparsamkeit via §3a BDSG hatten und seit 2018 die Datenminimierung via DSGVO. „Name und Anschrift des Unternehmens“ steht da beispielsweise in recht offensichtlichem Konflikt mit geltendem Recht. Also gilt ergänzend auch: Wenn der Versicherer keinen Respekt vor der informellen Selbstbestimmung meiner Interessenten hat, kriegt er halt keine Anträge mehr.

Weiteres, einfaches Beispiel zum Berufsfragebogen der Bayerischen: Im Zuge des Fragebogens fordert der Versicherer Gehaltsnachweise (von offizieller Stelle) für die letzten 3 Jahre an. Das ist nachvollziehbar, da im Antrag nur das aktuelle und das Vorjahreseinkommen erfragt wird. Während anderer Versicherer immer die letzten 3 Jahre abfragen.

Wenn man diese Nachweise allerdings eh anfordert, warum um alles in der Welt soll der Kunde genau diese Angaben dann nochmal in einen Fragebogen eintragen?

Man muss sich halt darüber klar sein, dass die Prozesse der meisten Versicherer aus dem letzten Jahrtausend stammen und eingefahren sind. Das mag die ein oder anderen Komplikationen in der BU-Vermittlung erklären, rechtfertig aber keine Nachteile für meine Interessenten.

Amüsant wird es dann immer wieder, wenn mir genau diese Versicherer auf Schulungen erklären wollen, wie ich selbst meine Prozesse zeitgemäß zu gestalten hätte.

Ausnahmefall – Wann ein Risikofragebogen angemessen ist

Der ganze Blogartikel legt den Fokus auf unnötige Anforderungen von Fragebögen. Das ist die absolute Regel, Fragebögen sind meist nur eine völlig unnötige Beschäftigungstherapie.

Damit stelle ich aber nicht das generelle Interesse eines Versicherers an weiteren Details zwecks Risikoprüfung in Frage. Meiner Erfahrung nach sind dies in der Regel aber nur 1,2 leicht zu ergänzende Details, welche niemals die erhebliche Ausweitung der Anzeigepflicht (sowie andere Fallstricke) durch Fragebögen rechtfertigen würden.

Man könnte auch einfach genau diese fehlenden Details erfragen. 

Böswillig könnte man ja behaupten, dass Sachbearbeiter von Versicherern vor hirnfressenden Zombies im Zuge einer Apokalypse recht sicher wären. Tatsächlich ist es aber eben meist nur bequemer oder von übergeordneter Stelle vorgeschrieben, die Interessenten stattdessen mit Fragebögen zu traktieren.

Jedoch kennt jede Regeln Ausnahmen, so auch hier.

Sind die für die Risikobeurteilung relevanten Umstände schlicht nicht hinreichend belegbar (dafür kann es viele Gründe geben, bspw. Arzt in Rente), entbindet das den Versicherer nicht von seiner Nachfrageobliegenheit.

Informationen werden benötigt, aber es besteht keine Möglichkeit diese beizuschaffen.

Ein typisches Beispiel sind somatische oder psychische Erkrankungen und Beschwerden. Da gibt es in der Regel keine bildgebende Diagnostik und längst nicht immer wurden diese ausdiagnostiziert und austherapiert. Vielleicht war das ja ob Trivialität auch gar nicht erforderlich.

Der Versicherer darf aber statistisch belastbar davon ausgehen, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von weit mehr als 50 % vom Antragssteller verscheißert wird.

Bei unklaren Krankheitsbildern und gleichzeitigem Mangel an Belegbarkeit (durch bspw. Arztberichte oder -befunde) kann ein Fragebogen ausnahmsweise ein vertretbarer Kompromiss zwischen den Interessen des Versicherungsnehmers und des Versicherers sein. Ist der dann konkret benötigte Fragebogen angemessen aufgebaut, spricht nichts gegen einen Ausgleich der jeweiligen Interessen.

Aber wie gesagt: Das ist der absolute Ausnahmefall.